Dienstag, 29. Dezember 2015

Ein Motto




„Sei gut zu dir selbst und achte auf das, was deine Seele braucht“ (Optimisten für Deutschland e.V. )

Ein Satz, ein Motto, eine Aufforderung. Klingt einfach? Klingt egozentrisch? Dem ersten Anschein nach vielleicht!

Für mich ist das eine Mahnung. Nicht selbstvergessen zu handeln. Nach Jahren des „Ich will es immer allen recht machen“, in denen ich mein Handeln stets und überwiegend an den Bedürfnissen anderer ausgerichtet habe und dabei allzu oft mich selbst vergaß, nach bitter bezahlter Gefallsucht, kam die Chance mit einer Gesundheitsbremse.

Plötzlich war alles anders, Neuausrichtung und Veränderung schienen geboten. Reflektion der Erfahrungen aus vier Lebensjahrzehnten brachten es mit sich: Ich begann auf mich zu achten. Spürte mich, merkte immer besser, was mir und meiner Seele gut tut und was (wer) mir schadet. Die Antenne ist jetzt automatisch ausgefahren und nimmt zunehmend auch die leiseren Bedürfnisse wahr.

Es sind oft Kleinigkeiten, an denen ich mich freuen kann. Tiere in der Großstadt zu beobachten, wild oder an Leinen, Knospende Sträucher, Blumen auf Tisch oder Fensterbank, Begegnungen mit Nachbarn oder Unbekannten, Gesten und Aufmerksamkeiten, Schenken und Beschenkt werden, Lesen und Schreiben – all das tut mir mit meiner Seele gut und lässt uns fliegen.


Der Weg bis hierhin war weiß Gott nicht einfach, er war lang und mühevoll, zugleich aber wertvoll und heilsam. Ich bin gespannt, wie es weiter geht. Die gesammelten Erfahrungen und meine ungebrochene Neugier machen mich dabei keinesfalls egozentrisch, denn eines habe ich verstanden:  In der Achtung uns selbst gegenüber liegt die Quelle der Empathie.


Copyright: Claudia Georgi

Sonntag, 13. September 2015

Fallensteller




Wir wissen nicht wohin, geschweige denn woher.
Wir fragen uns warum, aber nicht wozu.
Wir suchen bei denen, aber nicht bei uns.
Wir wollen es einfach, aber nicht komplex.
Wir sehen allein das Problem, aber nicht die Möglichkeit.
Wir wollen alles, aber nicht mit Geduld.
Wir freuen uns auf irgendwann, aber nicht über jetzt.
Wir sehen den Verlust, aber nicht das, was bleibt.

Wir sehen uns, aber nicht die anderen.
Wir können klagen, aber nicht genießen.
Wir leben im Ungleichgewicht, aber nicht in Balance.
Wir blicken auf Äußerlichkeiten, aber nicht auf den Kern.
Wir urteilen schnell, aber nicht sorgfältig.
Wir wollen es schön, aber nichts dafür tun.
Wir werten oft finanziell, aber nicht ideell.
Wir glauben, was wir von anderen hören, aber nicht, was wir selbst sehen.

Wir nutzen Smartphones, aber keine Bücher.

MUSS DAS SEIN?

Gewohnheit macht vieles einfach, aber nicht interessant!
Hinter ihm liegt der Reiz, aber nicht vor dem Tellerrand!
Sich selbst reflektieren hilft, aber nicht Gedankenlosigkeit!

DER SCHLÜSSEL LIEGT IN UNS!



Copyright: Claudia Georgi 2015

Donnerstag, 3. September 2015

Unbedachte Botschaften

Heute morgen habe ich Radio gehört und musste mich zum Gehörten äußern.
Daraus ergab sich folgende E-Mail-Kommunikation mit dem Sender:
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Sehr geehrte Frau Georgi,

vielen Dank für Ihre Rückmeldung zu unserem Beitrag "Inklusions-Studie" in unseren "Nachrichten für Hamburg".

Selbstverständlich haben wir Ihre Anmerkungen bereits zur Kenntnisnahme an die verantwortliche Redaktion weiter geleitet.


Freundliche Grüße
XY (im Original namentlich unterzeichnet)

Norddeutscher Rundfunk
Landesfunkhaus Hamburg

Zentrale Programmaufgaben/Online
Programmservice NDR 90,3 und Hamburg Journal
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg
Programm-Hotline: 08000 903 903 (kostenfrei)
E-Fax: +49 040 4156 3970
Mail: ndr903@ndr.de


Mit NDR 90,3 und dem Hamburg Journal die besten Programme der Stadt
erleben! Im Radio täglich rund um die Uhr, im NDR Fernsehen jeden Abend um
19.30 Uhr und werktags auch um 18.00 Uhr sowie jederzeit online unter www.ndr.de/hamburg
.

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Von:        "Claudia Georgi"
An:        ndr903@ndr.de, 
Datum:        03.09.2015 10:56
Betreff:        Unbedachte Formulierung in den 9.00 Uhr-Nachrichten 




Sehr geehrte Damen und Herren in der NDR 90,3-Redaktion!
 
Ich höre gerne und regelmäßig Ihr Programm. Auch heute morgen war dies der Fall. In den 9.00 Uhr-Nachrichten musste ich dann allerdings eine Formulierung hören, die mir aufstieß. Beim Beitrag über Inklusion in Hamburgs Schulen hieß es "... sitzen Kinder mit Handicap neben normal leistungsfähigen...". Ich bitte Sie eindringlich darauf zu achten, was Sie damit vermitteln. Was ist normal? Diese Gegenüberstellung von Kindern spricht gerade gegen Inklusion, denn sie grenzt aus, stuft herab und unterstellt, Kinder mit Behinderungen seien nicht normal leistungsfähig. Sicher wollten Sie das nicht zum Ausdruck bringen. Aber gerade durch unbedachtes Nutzen von Sprache können unerwünschte Botschaften an die Hörer gelangen. Bitte berücksichtigen Sie das in Ihren künftigen Beiträgen. Sollten Sie weitere Anregungen dazu benötigen, empfiehlt sich ein Blick auf www.leidmedien.de
 
Mit freundlichen Grüßen 

Claudia Georgi

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Copyright: Claudia Georgi

Sonntag, 26. Juli 2015

Der Lauf


Sportler sagen gerne von sich, sie hätten „einen Lauf“. Damit meinen sie dann, sie hätten eine Phase, in der sie Erfolge in Serie feiern, in der alles gelingt. Sie fühlen sich stark, sind euphorisiert und wähnen sich unbesiegbar.

Warum soll es einen Lauf aber nicht auch im umgekehrten Sinne geben? Die Phase also, in der beinahe alles schief läuft. Das kann sich auf unterschiedlichste Bereiche des Lebens beziehen. Du hast dann zwar auch das Gefühl, so eine Serie endet nie, nur keineswegs mit positiven Assoziationen. Dinge, die für sich allein genommen Kleinigkeiten sein können, wachsen zu gigantischen Monstern. Die strecken dir gefühlt die Zunge heraus und verbünden sich gegen dich. Da muss eine große Verschwörung im Gange sein, die wollen dich alle ärgern und quälen. Ist das Mobbing? Nee, vielleicht ist das ein Lauf, eine Phase halt, die irgendwann doch wieder endet. Wäre jedenfalls zu hoffen. Kein Mensch kann nur gewinnen. Demzufolge müsste es ebenso unmöglich sein, nur zu verlieren, oder?

Gedankenspiele, die mir durch den Kopf geistern, während so ein negativer Lauf mich gesundheitlich beutelt. Nicht der Nervenfresser ist es zurzeit, der mich nachdenklich werden lässt, sondern Kumpels von ihm, die eigentlich in der Amateur-Liga spielen, sich aber mannschaftlich geschlossen bis ins Elfmeterschießen kämpfen. Es kostet deine ganze Kraft, sie zu besiegen. Du bist im Tunnel, fokussiert und voll beschäftigt mit dem Kampf gegen sie.  Dann denkst du: Endlich Schlusspfiff! Erholung in der Eistonne, Auslaufen, Pflege und erledigt. Doch weit gefehlt, der nächste Gegner bereitet sich schon auf dich vor. Einige Runden geht das so und ich weiß nicht, ob ich gerade im Achtel-, Viertel-, Halbfinale oder Finale stehe.

Aber eines ist sicher: Jeder Lauf hat einmal ein Ende…



Copyright: Claudia Georgi

Samstag, 16. Mai 2015

Meine stille Treppe


Da war doch was. Richtig…

Schon als Kind war ich reichlich impulsiv. Immer, wenn mir etwas total gegen den Strich ging, äußerte ich sehr lautstark meinen Unwillen und schimpfte was das Zeug hielt.
Als hätte die ganze Welt sich gegen mich verschworen, alle Ungerechtigkeit sich nur bei mir gezeigt, zeterte ich wütend gegen alles und jeden und verfing mich völlig in ungebremster Raserei. Jähzorn war ein häufiger Begleiter jener Tage.

War ich in solch einer Verfassung, gab es nur eine, die mich zum Innehalten brachte. Meine Mutter beherrschte nämlich ganz instinktiv das, was man heute Neudeutsch als „Time-Out-Technik“ bezeichnet. „Das muss ich mir nicht länger anhören“ war ihr Einstiegssatz, wenn es ihr zu bunt, also ich zu unerträglich, zu tobsüchtig wurde. Dann wurde ich des Raumes verwiesen und ins Bad geschickt. „Da kannst du schimpfen und wenn du dich beruhigt hast, kannst du wieder herauskommen.“ Das Bad war also so etwas wie meine persönliche stille Treppe. Präziser: Der geschlossene Toilettendeckel war es. Dort nahm ich Platz, die Beine baumelten im Nirgendwo. Verzweifelt am Unverständnis und immer noch weithin vernehmbar meine Meinung äußernd, ohne menschliches Gegenüber monologisierte ich gegen Kacheln und Badezimmertür. Dass das Fenster gekippt  und ich auch noch draußen auf dem Zugang  zum Haus zu hören war, beachtete ich nicht. Auch, dass mich nebenan meine Mutter immer noch hören konnte, war ausgeblendet. Das kleine Mädchen war weiterer Reize entzogen und scheinbar mit sich allein.
So war Beruhigung möglich. Und Nachdenken über alles, was sie letztlich hierher geführt hatte. Nach geraumer Zeit wurde es irgendwann stinklangweilig.  

Die Kacheln hatten sich nicht verändert, auch der Rest des Raumes nicht. Ich war sicher, dass mir niemand zuhörte. Wozu also weiter schimpfen. Ich wollte raus aus dieser Lage. Also runter vom Sitzplatz, Richtung Tür und schnell zur Mutter. Auf ihr sanftes „Na, hast du dich wieder beruhigt?“  antwortete ich mit einem kurzen Nicken. Dann war endlich wieder alles gut und ihre Arme umfingen mich.

Noch heute ertappe ich mich gelegentlich, wesentlich gedämpfter zwar nach außen, aber innerlich genauso intensiv wie damals, beim Ausrasten. Wie bei einigen Sportarten gibt es dann das Time Out. Lange trainiert, nun aber ohne Bad und inzwischen selbst verordnet.  Als zwänge ich mich zu einer inneren Stillen Treppe, halte ich inne, versuche den Auslöser meines Grolls aus einer anderen Perspektive zu betrachten, denke an längst vergangene Kindertage im Badezimmer, muss über die seinerzeit lauschenden Nachbarn lächeln, denke über intuitive Pädagogik jenseits der heute üblichen Ratgeber nach und entspanne mich. Bis es so weit ist, kann es auch schon mal länger dauern, aber im Ergebnis hilft es immer noch.

Ich finde es immer wieder beeindruckend, wie nützlich Erfahrungen aus dem Lebensarchiv sein können...


Copyright: Claudia Georgi

Samstag, 4. April 2015

Zauberei



Da höre ich eben noch den „Aufprall“ und meine, die Richtung zu ahnen.
Aber weg ist weg.

Nun ist es also wieder passiert. Etwas verschwindet wie von Zauberhand in den unendlichen Weiten meines Wohnzimmers (sonst gerne auch eines anderen Raumes). Und meine Ohren sind schneller als meine Augen. Ich habe es nur gehört. „Sehen Sie schon? Oder hören Sie noch?
Weg ist er. Versteckt sich irgendwo, der Sauhund. Will sich wohl nicht länger an meiner Putzaktion beteiligen. Aber, ich bin unnachgiebig.
Heute suche ich gefühlte Stunden nach meinem k.o. gegangenen Staubpinsel. Ich hebe hoch, räume beiseite, drehe um und verrücke Möbel. Alles ist auf den Kopf gestellt und ich bin wenig amüsiert. Er aber tut gar nicht dergleichen. Keinen Mucks von sich gebend (wie auch!) bleibt er verschollen. In mir arbeitet es. Verflixt nochmal, das kann doch gar nicht sein. Mein Wohnzimmer liegt doch nicht im Bermuda-Dreieck! Gerade noch wähne ich überirdische Mächte am Werk, da schwant es mir schließlich: Vielleicht hat er eine unübliche Fortbewegungsart erprobt und ist gerollt. Einen Ort gibt es noch, wo ich suchen kann. Unter dem Sofa. Da könnte er anatomisch im Liegen exakt hin passen.

Ich zwinge also meinen Alabasterkörper auf die Knie und bewege den Kopf gen Teppichnarbe, den Blick starr in Suchrichtung, alle Sinne geschärft, Radar an. Und dann: Nichts! Jedenfalls bei der ersten Inaugenscheinnahme.

Doch halt! 
Ein zweiter Blick und erwischt: Ganz am Ende, am Fuße angeschmiegt, liegt er. Fröhlich pfeifend tut er noch immer so, als sei nichts geschehen. Der Schlingel! Aber wenigstens bewegt er sich nun nicht mehr von der Stelle. Hat seine Parkposition offenkundig erreicht.   

Seufzend erhebe ich mich und hole Luca (meinen linken Nordic Walking-Stock). Gemeinsam schaffen wir es endlich, den Pinsel aus seinem Versteck zu holen.
Gut so!

Das war auch schon mal anders. Ein Ohrstecker verschwand durch den Überlauf eines Handwaschbeckens auf Nimmer Wiedersehen im Abflussrohr. Und bis heute ist ungeklärt, wo der eine oder andere Strumpf sich aufhält, der sein Pendant rat- und hilflos zurückließ. Zuletzt sah man sie gemeinsam eine Waschmaschine entern.

Tja, es gibt so viel Unerklärliches. Da bin ich in der Tat froh, dass ich meinen Pinsel wieder habe. Wirklich zauberhaft…

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Copyright: Claudia Georgi

Sonntag, 22. März 2015

Erwartungen



Es klopft. Niemand öffnet. Es klopft erneut.
Wir befinden uns im 8. Stock eines Bürogebäudes und das Geräusch verwundert wegen seines Ursprungs. Normaler Weise assoziiert man doch ein Klopfen mit Kollegen, die Einlass begehren. Dann kommt es aus Richtung der Tür. Dieses aber kommt vom Fenster. Ein Schnabel hinterlässt Spuren an der Scheibe, sein Besitzer macht deutlich auf sich aufmerksam. Wie sonst Kinderhände an Glastüren oder Spiegeln sorgt er mit seiner Aktion dafür, dass inzwischen ein Fleck das Fenster ziert.

Das Klopfen endet erst, als sich der imposante Besucher der ungeteilten Aufmerksamkeit sicher sein kann.
Was sollte das, was will er, was erwartet er? Es bleiben nur Spekulationen, denn Verständigung ist unmöglich. Auf beiden Seiten der Scheibe sind die Voraussetzungen dafür nämlich nicht vorhanden. Keiner hat in der Sprache des anderen die erforderlichen Kenntnisse.
Deshalb ist das Mittel der Wahl diesseits Interpretation. Der Klopfer wird vermenschlicht und angesichts von Uhrzeit und Handlung geht man davon aus, dass ein opulentes Frühstücksbuffet vermisst und klopfstark eingefordert wird. Dem Vernehmen nach gab es in höher gelegenen Etagen auf der gegenüberliegenden Seite des Gebäudes bereits Erfolg zu verbuchen. Die dort zur Verfügung gestellten Keksreste oder Apfelspalten scheinen gemundet zu haben.

Warum, sagte sich die Schönheit wohl, soll ich es also nicht mal woanders versuchen und sie erwartet offensichtlich ähnlich Wohlschmeckendes, vielleicht auch Abwechslung  auf der Speisekarte. Nur – in diesem Fall gibt es außer gezückten Smartphones und Fotoapparaten nichts. Ist die Reaktion Enttäuschung? Es wird jedenfalls ein Weilchen gewartet. Dann trifft uns noch ein direkter, stechender Blick, auf den ein sehr gemächliches Umdrehen folgt und die Möwe erhebt sich wieder in die Lüfte. Über den Dächern der Stadt zieht sie weiter ihre Kreise, mutmaßlich die Suche nach der ultimativen Frühstücksquelle fortsetzend.


Die Begegnung hinterlässt Fragezeichen bei den Büroinsassen, Gesprächsstoff und tief in mir Gedanken an Analogien.
Auch unser Leben ist voll von Erwartungen. Ob sie erfüllt werden oder nicht hängt von so vielen Dingen ab. Werden wir verstanden? Sprechen wir dieselbe Sprache? Wie, warum und wann missverstehen wir? Wie weit verlassen wir uns auf Interpretationen, spekulieren über Ursachen und Motive? Erwarten wir von uns oder anderen genug oder zu viel?  Dazu dann noch die Frage, ob wir nach unerfüllten Erwartungen aufstecken oder beharrlich weiter machen.

Meine Schlussfolgerung: Es wäre hier und da bestimmt nicht schlecht, ein bisschen möwisch sprechen zu können.  


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Copyright: Claudia Georgi

Samstag, 7. März 2015

Kommen - Bleiben - Gehen


Es gibt Phasen in meinem Leben, da bin ich im Sortier-Modus. Nicht nur gegenständlich auch personenbezogen. Die Analogie mag sich bedenklich anhören, fußt aber auf persönlichen  Erfahrungen.
Sortieren bringt Ordnung. Das hilft, mich zu orientieren und fühlt sich irgendwie gut an. Gedanken schweifen, Ideen entstehen und damit schaffe ich Platz für Neues. Befreiend ist das.

Neulich traf der Sortiermodus auf eine Allianz aus Gegenständen und Personen. Da gibt es eine Art Album, in dem man Visitenkarten aufbewahren kann, quasi Zeugnisse verschiedenster Menschen. Adressen, Telefonnummern, Namen und Funktionen auf Papier. Von mir gesammelt in kleinen Einstecktaschen dieses Albums, immer mit dem Gedanken, die Karten noch nutzen zu können.

Indem ich den Inhalt ansah, zogen vor meinem geistigen Auge die Bilder der Menschen hinter den Karten vorbei. Berufliche Begegnungen mit ihnen, Szenen der Vergangenheit, aus einer anderen Zeit, einem anderen Leben. Die meisten der Visitenkarteninhaber waren für mich Abschnitts- oder Phasenbegleiter, die inzwischen längst nicht mehr zu mir gehören. Übriggeblieben von ihnen ist nur das bedruckte Stück Papier. Nun können sie mit ihren Karten gehen, dachte ich mit einer Mischung aus klarer Sicht und diffusen Gefühlen. Ganz allmählich leerte sich das Album und mit jeder verschwundenen Karte verabschiedete ich mich langsam aber sicher endgültig von einem Lebensabschnitt, den ich äußerlich wahrnehmbar schon vor Jahren hinter mir gelassen hatte.

Als setzte ich einen Haken dahinter und folgte nun endlich konsequent meiner Entwicklung. Ich sehe heute klarer denn je hinter die Fassaden von Menschen. Die Visitenkarten gehörten nämlich seinerzeit oftmals solchen, die mir nur deshalb äußerst freundlich begegneten, weil sie meinen Posten sahen. Von ihrer Freundlichkeits-Fassade versprachen sie sich offenkundig Vorteile, betrachteten lediglich meine Funktionen und hatten keinerlei Interesse an der Person, die ihnen begegnete.
Andere wieder sahen und sehen mich als Mensch und nahmen mich auch damals nicht allein wegen meines Postens oder irgendwelcher Inhalte wahr.  
Ich musste alle gleichermaßen professionell-höflich behandeln. Ganz gleich, wie sie sich benahmen oder was ich von ihnen hielt, sie blieben.
Das hat sich geändert. Professionell-höflich bin immer noch. Aber heute kann ich über Kommen, Bleiben und Gehen selbst entscheiden.

So gibt es immer noch Visitenkarten in meinem Album, nur sind es jetzt weit weniger und – ganz andere. 


Copyright: Claudia Georgi

Samstag, 28. Februar 2015

Treibstoff


Der Anblick schöner Blumen, vor oder hinter meinem Fenster.
Musik, die mir mit Text oder Ton etwas zu sagen hat.
Ein gutes Buch.
Der Sieg meines Lieblingsvereins.

Spaßige Wortgefechte.
Geteilte Freude, geteiltes Leid.
Sonnenschein und gute Laune. 
Das unbeschwerte Lachen eines Kindes.

Der Nachklang eines langen Gesprächs.
Mich in den wunderbar erzählenden Augen meines Gegenübers verlieren.

Treibstoff, der mir Kraft und Energie gibt, mich aus den Tiefen an die Sonne holen kann, das Herz erfreut und die Seele fliegen lässt.

Da bleibt immer noch so viel, dem alle Unbill nichts entgegen zu setzen hat... !


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Copyright: Claudia Georgi