Freitag, 21. April 2017

Schmerzdemenz



Gibt es positive Formen von Demenz?
Nein?
Doch!
Eine gibt es, jedenfalls hoffe ich das. Und bestimmt nicht nur ich. Dafür gab es bisher nur keinen Namen. Aber jetzt! Was ich meine und wofür ich kämpfe ist die Schmerzdemenz.

Wenn sich Schmerzen einstellen, egal ob körperlich, seelisch oder beides, fällt Ablenkung oft schwer. Schmerzen sind nicht sicht- dafür aber umso mehr fühlbar und sollen ein Warnsignal sein, das an das Gehirn gemeldet wird, um drohende Unbill abzuwenden. An sich gut, wäre da nicht die Qual, die mit ihnen eine Partnerschaft eingeht.

Alles in einem konzentriert sich darauf, diese unsägliche Partnerschaft zu beenden. Die Schmerzen sollen aufhören, Kurven, aus denen man geworfen werden kann, sollen nicht länger da sein. Der Weg soll gerade und ohne Umwege zurück in den Alltag führen. Ungeduld ergreift einen, wohl wissend, dass sie ein schlechter Gefährte ist. Der Wunsch nach einem schmerzfreien Leben wird umso intensiver, je länger und stärker Schmerzen einen begleiten. Und da gibt es noch etwas, das dann passieren kann: Im persönlichen Schmerzgedächtnis unserer Schaltzentrale können nämlich Verschaltungen entstehen, die den Schmerz chronisch werden lassen. Klar, dass es so etwas nach Möglichkeit zu vermeiden gilt. 

Da wäre die Schmerzdemenz wünschenswert. Ein Verblassen der Erinnerung, besser noch ein Vergessen durch Schmerzfreiheit ist anzustreben. Und zwar so schnell wie möglich. 

Jede/r wird dabei nach dem geeigneten Weg suchen.
Ich will sie erreichen, mit vielen Mitteln: vorübergehender Einnahme von Medizin, persönlichen Unterstützern, Schreiben, einer optimistisch-realistischen Lebenseinstellung und ganz viel Achtsamkeit. 



© Claudia Georgi, 2017




Freitag, 31. März 2017

Baustellen



Hochbau, Tiefbau, Großbau - Was am Ende dabei herauskommt, ist offen. Jedenfalls arbeite ich meist parallel an mehreren Baustellen und in den vergangenen Jahren ist daraus schon einiges entstanden, habe ich einige Fähigkeiten hinzugewonnen und manches im Repertoire des Lebens verfeinert...

Multitasking wird ja gerne als positives Attribut für so mancherlei postuliert. Und so sollte ich sie wohl gut finden, meine Baustellen. Das gelingt mir aber nicht immer und wenn, dann meist nur nach Vollendung der Arbeiten mit zeitlichem Abstand. Retrospektiv ergibt dann vieles einen Sinn. 

Seit Beginn des Jahres habe ich eine neue Bauphase eingeleitet, deren Dauer mir noch unbekannt ist. Auch die Größe des Werkes wird sich wieder erst im Nachhinein herausstellen. Klar ist bisher nur, dass ich wieder und wieder Auftragsarbeiten durchführen muss. Ich bin dabei fremdbestimmt und der große Auftraggeber bleibt anonym. Er verharrt im Verborgenen. Noch bin ich jedenfalls mittendrin und stehe immer wieder vor neuen Herausforderungen. Das Ziel habe ich aber fest vor Augen - Abschluss der Arbeiten, Fertigstellung der Aufträge. Lernen und selbstbestimmt weitergehen. Raus aus der vermeintlichen Tretmühle - frei nach dem Motto "Immer heiter weiter!".

Die erste Baustelle 2017 war ein Nebenhöhlenbau, beauftragt von einem Bakterium. Werkzeuge waren Antibiotika und eine 14-tägige Auszeit. Damit waren die Arbeiten abgeschlossen. Die zweite Baustelle hatte ich wenig später zu bewerkstelligen - sie nannte sich Frau Otitis und ist ebenso medikamentös fertiggestellt worden.

Aktuell arbeite ich an der dritten Baustelle. Diesmal ist Herr Zoster als Auftraggeber identifiziert. Ein lästiger Mitbewohner, der seit Kindertagen bei mir ist und nun dem Nervenfresser Konkurrenz machen möchte. Die Verbrämungsmaßnahmen für ihn sind eingeleitet und ich bin wieder aus dem Verkehr gezogen. Diese Baustelle wird hoffentlich in nicht allzu ferner Zukunft weg sein.

Danach möchte ich möglichst keinen neuen Auftrag mehr haben. Jedenfalls nicht so. 

Genug ist genug! Zeit für Urlaub!  



© Claudia Georgi, 2017

Donnerstag, 23. Februar 2017

Medikamentenmanagerin






Ein neues Berufsbild?
Nein… eher eine angemessene Bezeichnung für mich. Seit einigen Jahren schon und momentan besonders.

Fein austariert sind die Wirkstoffe im Leben mit dem Nervenfresser. Madame La Fatigue, Zappelbeine, Nervenschmerzen, dazu noch das Schmetterlingsorgan – alle wollen gefüttert werden. Alle zwei Wochen bekommt  auch der Nervenfresser seine Spritzen-Ration.  
Wie sonst im Leben bin ich hierbei „gut eingestellt“. Und beschäftigt.  Da werden wöchentlich die Tagesrationen gepackt. In Schächtelchen mit Einteilungen „morgens, mittags, abends, nachts“. Ein buntes Potpourri an Kapseln und Tabletten – alles Routine. Einnahmezeiten sind längst in Fleisch und Blut übergegangen. Es wird Buch geführt über die Lagerbestände. Rechtzeitig werden sie aufgefüllt. Der Stoff soll ja nicht ausgehen.

Dumm nur, wenn dieses hoch sensible und fragile Gefüge durcheinander gebracht zu werden scheint. Etwa durch einen plötzlich auftretenden, bakteriellen Infekt. Dann gibt nicht nur der einen oben drauf, sondern auch die zusätzlichen Präparate. Bakterien-Totschläger in Form antibiotischer Substanzen, die alles vernichten, was nicht bei drei…. Ihr wisst schon.
Da werden dann – ohne Rücksicht auf Verluste – auch schon mal die guten Bakterien mitgenommen. All inclusive sind dann die unerwünschten Folgen.  Zusätzliche Schwächung des ohnehin schon durchgeschüttelten Körpers. Na super! Also das wieder bekämpfen mit Probiotika. Um den Abtransport der Schädlinge zu beschleunigen noch ein Saft, der auch gegen die Entzündung hilft, dann Nasendusche und Nasensalbe, vorm Schlafen noch das Nasenspray – und so bin ich ganztags voll beschäftigt, obwohl ich eigentlich AU (arbeitsunfähig) bin.

Ach ja, zu beachten gilt es, dass die Medikamente in gewissen zeitlichen Abständen zu Mahlzeiten, anderen Präparaten, nüchtern oder mit dem Essen usw. usw. usw. einzunehmen sind. Da muss man schon einen Plan machen…

Ein randvoller Tagesablauf, die meisten Lücken sind gefüllt.

Läääuft!






© Claudia Georgi 2017